“Ich habe freiwillig den unbequemen Weg gewählt“ verrät mir Lydia in einer Webkonferenz. Wir treffen uns hier nun mehr oder weniger persönlich nach einigen Jahren wieder, nachdem ich kurz zuvor auf LinkedIn auf ihren Karrieresprung aufmerksam geworden bin.

Die junge Frau sitzt mir in einem hellen Büro virtuell an einem aufgeräumten Tisch gegenüber. Wir schwelgen zunächst gemeinsam in Erinnerungen. Lydia hat 2017 in der Treuhandstelle Greifswald als studentische Hilfskraft gearbeitet und ist dabei ein Jahr lang von Stralsund nach Greifswald gependelt, um praxisnah Erfahrungen in ihrem Studiengebiet sammeln zu können. Aufmerksam wurde sie durch eine Ausschreibung auf die Treuhandstelle und hat sich dann umgehend beworben. „Ich hätte auch bei einem Bäcker oder im Schuhladen arbeiten können“, stellt sie mit durchdringendem Blick fest. Lydia war es allerdings wichtiger sich im späteren Berufsfeld zu orientieren.

Nach der Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin arbeitete Sie zunächst neben dem Studium weiterhin im OP. „Mir war ziemlich schnell klar, dass ich praktische Erfahrungen sammeln muss und in Stralsund gibt es als studentische Hilfskraft leider nicht so viele Möglichkeiten sich im Bereich medizinisches Informationsmanagement/eHealth auszuprobieren.“ Das erinnerte mich wieder an das Kennenlerngespräch mit Lydia. Damals saß vor mir eine sehr aufgeschlossene, aber vor allem zielstrebige und ehrgeizige Studentin. Dieser Eindruck hat sich bis heute bewahrt.

Ich selbst, als Leiterin der Treuhandstelle, hatte sie damals während der Tätigkeit in der Treuhandstelle an ein Unternehmen in Berlin vermittelt, um weitere Tätigkeitsfelder kennen zu lernen. . Daraufhin wechselte Lydia für ihr Praxissemester zu einem Unternehmen für elektronisches Dokumentenmanagement. Ihr wurde daraufhin eine Anstellung als Werksstudentin angeboten und so baute sie neben dem Studium den Business Development Bereich des Unternehmens mit aus.

„Manchmal muss man auch spontane Entscheidungen treffen“, berichtet mir Lydia und erklärt, dass sie nach dem Bachelor eigentlich einen Master in Vollzeit anhängen wollte. Ihr wurde eine attraktive Stelle im Theodor-Wenzel-Werk e.V. in Berlin angeboten. Spontan überlegte sie dann den Master berufsbegleitend zu absolvieren und schrieb sich für den Studiengang Management im Gesundheitswesen ein. Am Theodor-Wenzel-Werk angekommen, übernahm sie eine Zeitlang die Stelle der IT-Leitung. Die wissbegierige Studentin nahm sich der Aufgabe und den 4 Mitarbeitern des Bereiches erfolgreich an und bekam daraufhin das Angebot als Kaufmännische Direktorin der Klinik zu arbeiten. Auch heute noch erstaunt, sagt Lydia: „Ich wusste gar nicht was ich sagen soll. Aber eine Sache war mir wichtig. Bevor ich den Posten antrete, wollte ich meinen Master abschließen“. Vor einer Woche war es dann soweit. Lydia Wolff ist jetzt Kaufmännische Direktorin der Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk.

„Die letzten Monate waren sehr aufregend in der Organisation der Übergaben.“ Sie freut sich aber besonders, auf die anstehenden Aufgaben. „Ich wollte nicht als Sachbearbeiterin arbeiten. Mich reizen besonders das Mitgestalten und die Innovationsfähigkeit dieses Unternehmens“, berichtet sie enthusiastisch, „Wir haben die Möglichkeit uns als Direktionsteam völlig neu auszurichten und zu organisieren.“ Das Team und die gemeinsame Vision für das Unternehmen liegen ihr daher sehr am Herzen. Gleichzeitig gesteht sie sich natürlich ein, noch nicht viel Erfahrung zu haben, fühlt sich aber bestärkt durch ihre KollegInnen.

Auf die Frage, welche Aspekte ihr durch die Arbeit in der Treuhandstelle besonders weitergeholfen haben, antwortet sie: „Das ihr mich aktiv unterstützt habt in diese Richtung zu gehen. Ich wäre von allein gar nicht auf die Idee gekommen in den Management-Bereich zu gehen.“ Während ihrer Tätigkeit als studentische Hilfskraft hatten wir gemeinsam die Optionen der verschiedenen Berufsbilder diskutiert und das habe ihr sehr geholfen sich in diesem Bereich zu orientieren.

Was sie anderen Studenten oder jungen Menschen mit auf den Weg geben möchte, kommentiert sie: „Wenn man denkt, dass man nicht vollständig auf eine Stelle passt oder nicht genug Berufserfahrung mitbringt, sollte man sich trotzdem bewerben. Vieles lässt sich dann ohnehin viel besser direkt im Beruf lernen. Man muss sich auch mal was trauen!“

Interview und Text: Dana Stahl